Welche Tageszeit magst du am liebsten?
Ganz klar: die „Menschen-sind-noch-nicht-oder-nicht-mehr-unterwegs“-Zeit. Manche nennen sie „früher Morgen“ oder „später Abend“, ich nenne sie schlicht die friedliche Zone.
Da draußen, im wilden Dschungel der Zivilisation, wimmelt es tagsüber von Menschen. Menschen, die diskutieren, hupen, in der Supermarktschlange die falsche Pfandflasche auspacken oder in der Bahn dringend erzählen müssen, dass ihr Hund Kevin heute Durchfall hatte. In dieser Zeit verlasse ich mein Versteck nur in Notfällen – oder wenn der Kühlschrank entschieden hat, dass drei Tropfen Milch keine Mahlzeit ersetzen.
Aber dann, wenn die Stadt noch schläft oder schon wieder im Koma liegt, kommt meine Zeit. Die Straßen sind leer, der Bäcker backt heimlich, Katzen schleichen wie kleine Ninjas über die Gehwege, und ich spaziere durch diese Stille, als hätte ich die Welt gemietet. Manchmal winke ich dem einen einsamen Taxifahrer zu. Er winkt zurück, so als wären wir zwei Mitglieder eines geheimen Clubs: „Die, die wach sind, wenn normale Leute schlafen.“
In diesen Stunden fühle ich mich wie der Held meines eigenen Films. Keine Staus, keine „Hey, hast du mal kurz Zeit?“-Anfragen, kein Smalltalk über das Wetter. Nur ich, die leere Straße und das dumpfe Summen der Straßenlaternen. Herrlich.
Natürlich gibt’s Nachteile. Morgens um vier hat kein Supermarkt offen, und der Paketbote bringt selten um Mitternacht mein heiß ersehntes neues Gadget. Aber das nehme ich in Kauf – schließlich kann man nicht alles haben.
Also, wenn du mich fragst, welche Tageszeit ich am meisten liebe, lautet die Antwort: die Zeit, in der ich einfach nur sein kann. Ohne Lärm. Ohne Termine. Ohne „Sorry, ich muss noch schnell…“. Einfach ich, meine Gedanken und vielleicht ein Kaffee, der stärker ist als meine Motivation.
Und wenn du mich mal um diese Zeit draußen triffst, dann weißt du: Willkommen im Club der stillen Genießer. Aber bitte – leise.
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